Annemarie Franke "Europa denken und deutsch-polnisch handeln – die Vorgeschichteder Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung"

Kreisau in Niederschlesien heißt seit 1945 Krzyżowa. Während des Zweiten Weltkrieges traf sich in diesem Dorf auf dem Gutshof von Helmuth und Freya von Moltke die Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis". Graf Helmuth James von Moltke und sieben weitere enge Freunde aus dem Kreisauer Kreis wurden von der nationalsozialistischen Justiz zum Tode verurteilt und hingerichtet. Nach Ende des Krieges mussten die deutschen Bewohner/innen ihre Häuser und Höfe verlassen. Ebenso wenig freiwillig kamen die meisten Neusiedler in das fremde Dorf Krzyżowa. Das frühere Hofgut der Familie von Moltke wurde im sozialistischen Polen zum staatlichen Landwirtschaftsbetrieb. Die traumatische Erfahrung des Krieges, der deutschen Besatzung in Polen sowie von Flucht und Vertreibung während und nach dem Krieg führten über Jahrzehnte hinweg zu einer Sprach- und Beziehungslosigkeit im Verhältnis zwischen Deutschen und Polen. Lediglich einzelne Personen in beiden Ländern bemühten sich sehr früh nach Ende des Zweiten Weltkrieges um Kontakte, Dialog und Beziehungsaufbau. Sie sind nicht hoch genug zu schätzen als Pioniere der deutsch-polnischen Versöhnung. Ich möchte daher an einem Beispiel zeigen, wie die Überlebenden des "Kreisauer Kreises" sich in den Nachkriegsjahrzehnten für eine Annäherung an Polen und damit verbunden für eine öffentliche Nutzung des Gutshauses im polnischen Krzyżowa einsetzten.

Annemarie Franke "Europa denken und deutsch-polnisch handeln – die Vorgeschichteder Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung"

* Der Text wurde veröffentlicht in: "(Un)versöhnt? Gedanken über die deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945", Tomasz Skonieczny (Hg.), Wrocław 2019.